Was ist Sloe Gin?
„Sloe Gin“ ist, wenn man es genau nimmt, kein richtiger Gin, sondern ein Likör, der auf Gin-Basis produziert wurde und innerhalb der EU-Spirituosenverordnung eine Ausnahmeregelung darstellt. Ursächlich dafür ist, dass nicht wie beim Dry- oder London Dry Gin die Beeren des Wacholders, sondern die Beeren des Schlehenstrauchs die Hauptzutat sind und die somit im Geschmack dominieren. Da die Schlehenbeeren, je nachdem, welchen Reifegrad sie hatten und wie lange sie mazeriert wurden, dem Sloe Gin eine Farbe verleihen, die von hellem bis tiefem Rot reicht, hebt er sich auch optisch von den anderen Gin-Sorten ab. Sloe Gin wird meist als fruchtig-süßliche Likörvariante mit einem Alkoholanteil von 20 bis 30 Vol.-%, nur in wenigen Ausnahmen als eigenständiger, kräftiger Gin bis zu 47 Vol.-%, abgefüllt.
Die Herkunft und die Geschichte des Sloe Gins
Die Geschichte des Sloe Gins geht bis in das 17. Jahrhundert zurück und hat seinen Ursprung in England. Genau genommen begann sie mit dem Erlass des englischen Parlamentes zur Privatisierung von allgemeinem, staatlichem Land. Zum Abgrenzen der einzelnen Parzellen pflanzten die neuen Eigentümer Hecken mit Schlehdorn-Sträuchern. Obwohl die Beeren dieser Schlehdorn-Sträucher nicht bekömmlich waren, wollten die Bauern nicht, dass sie verderben.
So kamen sie auf die Idee, die Schlehenfrüchte in Gin zu mazerieren. Daher stammt auch der Name „Sloe Gin“. Dieser Gin wurde besonders zum Schutz vor der Kälte in der Winterzeit als Glühweinersatz warm getrunken. Allerdings hatte das Getränk nicht die beste Qualität, was dazu führte, dass das „Arme-Leute-Getränk“, wie es genannt wurde, nicht besonders beliebt bei der Bevölkerung war.
Erst im 19. Jahrhundert, als renommierte Destillerien den Schlehengin für sich entdeckten, lernten auch die Menschen den Sloe Gin wieder zu schätzen. Sogar die Barkeeper experimentierten seither mit diesem außergewöhnlichen Gin. Das Ergebnis war der Cocktail Sloe Gin Fizz. Nachdem es mit dem Sloe Gin dann in den 1960er Jahren wieder etwas bergab gegangen war, hat er sich aber heute wieder in vielen Bars, ganz gleich ob im privaten oder gewerblichen Bereich, fest etabliert und das weltweit.
Die Herstellung des Sloe Gins
Die Grundlage für die Herstellung von Sloe Gin bildet ein fertig gebrannter Dry- oder London Dry Gin. In diesen Gin werden die, nach dem ersten Frost geernteten und gereinigten, reifen Schlehenbeeren gegeben. Doch bevor die Beeren in den Alkohol gelegt werden, müssen sie zum Aufbrechen gebracht werden. Nur so ist gewährleistet, dass das Saft der Früchte mit dem Alkohol in Kontakt kommt. Meist reicht der erste Frost dazu nicht aus und sie sind noch ein oder zwei Tage einzufrieren. Je nach Hersteller können noch Gewürze dazugegeben werden. Die Mazeration dieses Gemisches zieht sich inklusive Lagerung über Wochen oder Monate (drei Monate sind optimal) hinweg. Während dieser Zeit werden die Zellwände der Beeren durch den Alkohol geöffnet und die Aromen an diesen abgegeben. Soll das Aroma noch intensiviert werden, dann kann dem Mazerat noch Schlehensaft hinzugefügt werden.
Natürlich darf auch Zucker dazugegeben werden. Allerdings dürfen es im Endprodukt nur maximal 100 Gramm pro Liter sein. Wann der Zucker hinzugefügt wird, obliegt dem Hersteller. Wird der Zucker dem Mazerat hinzugefügt, dann verliert der verwendete Dry- beziehungsweise London Dry Gin etwas an Charakter und der Sloe Gin wird recht süß. Aber es wird auch durch den Zucker verhindert, dass der Alkohol den Fruchtzucker der Schlehenfrüchte auflösen und die natürlichen Aromen aufnehmen kann. Außerdem könnten die einzelnen Batches in der Süße unterschiedlich ausfallen, da die Beeren kleine Geschmacksunterschiede je nach Saison aufweisen.
Die meisten Destillerien geben deshalb den Zucker erst in die Flüssigkeit, nachdem das Mazerat zur Entfernung der Beeren gefiltert wurde. Erst dann erfolgt die Abfüllung des Gins in die dafür vorgesehenen Flaschen. Das hat den Vorteil, dass der Brennmeister je nach Charge den abweichenden Zuckergehalt auf den Endwert, der gewünscht wird, einstellen kann. Ein erneutes Destillieren des Mazerats ist nicht erforderlich.
Doch wie bei so vielen Dingen gilt auch bei der Herstellung von Sloe Gin - andere Länder, andere Sitten.
Der klassische Sloe Gin wird also durch Mazeration von Schlehenbeeren in fertigem Dry- oder London-Dry-Gin produziert. Für die Herstellung von „Prunelle“, so wird der Sloe Gin in Frankreich genannt, wird Traubenschnaps verwendet. Der Schlehengin in Italien namens „Bargnolino“ wird unter Zugabe von Schlehenbeeren, Gewürzen und Zucker mazeriert und ist mit 40 bis 45 Vol.-% ein etwas stärkeres Getränk. Als eine Degistive nach dem Essen kann man den „Pacharán“, ein Anis-Schlehenlikör aus Spanien, bezeichnen.
Sloe Gin – Aroma und Geschmack
Da es sich bei den Schlehenbeeren um Früchte mit einem bitteren Geschmack handelt, die diesen auch nur in einem gewissen Maße durch Frosteinfluss verlieren, wird der Sloe Gin erst richtig lecker und süß, wenn ihm nach dem Mazerieren Zucker zugefügt wird. Eine leichte bittere Note, die aufgrund der enthaltenen Blausäure an Mandel erinnert, bleibt jedoch auch dann erhalten. Auch die Grundaromen des als Basis des Sloe Gins verwendeten London Dry- oder Dry Gins, sprich eine leichte Wacholdernote, gehen durch die Schlehenfrüchte nicht verloren. Natürlich variieren die Aromen je nach Auswahl des Basis-Gins und der weiteren Botanicals, wie beispielsweise Zimt, Nelke, Sternanis oder Muskatnuss, die zusammen mit den Beeren der Schlehe mazeriert werden. Doch wie kann sich ein Sloe Gin in der Nase, am Gaumen oder im Abgang präsentieren?
Sloe Gin – Nosing und Tasting
Bereits beim Öffnen der Flasche umspielen die wunderbaren, intensiven Düfte des Sloe Gins die Nase. Dabei kann sich der Sloe Gin je nach verwendetem Basis-Gin und Botanicals nachfolgend präsentieren:
Als ein sehr dominanter Duft von roten Beeren, die begleitet werden von einer Wacholdernote, Zitronenzesten und würzigem Koriander sowie kräftig werdenden Schlehennoten mit einer harmonisch wirkenden pfeffrigen Schärfe.
Außerdem kann sich ein Sloe Gin in der Nase als kompakter Duft nach Johannisbeere, flankiert von einer pikanten Bittermandelnote oder als ein Duft, der an harmonische beerige, leicht säuerliche Fruchtnoten, die mit moosigen und erdigen Facetten gepaart sind, präsentieren.
Aber auch Aromen von Wacholder und Marzipan, die von Zimt und Nelken begleitet werden und hintergründig mit Zitrusnoten und Aromen, die an frisch gebackenem Biskuit erinnern, sind möglich.
Sogar dichte Fruchtdüfte, die an Kirschen, würzige Feigen und Pflaumen, flankiert von Nelke und Zimtnoten werden bei einigen Sloe Gins in der Nase wahrgenommen.
Am Gaumen kann sich der Sloe Gin wie folgt präsentieren:
Ein pikant, fruchtiger Sloe Gin lässt auch am Gaumen rote Beeren erkennen, die von Wildfrüchten mit deutlichem Akzent auf das Schlehenaroma begleitet werden.
Es sind aber Sloe Gins erhältlich, die sich am Gaumen als sehr runder Körper fruchtiger Süße und einer fein herben Note darstellen.
Sogar Mandeleindrücke, gepaart mit intensiven Beerennoten, die von Gewürzen, wie Vanille, und Eichenholz begleitet werden sowie bitter-süße Sloe Gins, die am Gaumen durch eine starke Lavendelnote mit leichten Zitrusaromen und Kräuterfacetten punkten, sind bei einigen der Gins erkennbar.
Alles in allem präsentiert sich ein Sloe Gin am Gaumen mit dichten, weichen, fruchtigen Noten, einer gelungenen Balance von würzigen Untertönen, leicht herb und saftig süß.
Das Finish kann bei einem Sloe Gin sehr leicht, fruchtig und frisch sein, aber auch einen würzigen Touch von Wermut, ja sogar von frisch geschnittenem Gras aufweisen. Der Nachhall bei einem Sloe Gin ist jedoch lang, süß und fruchtig.
Sloe Gin – wie trinkt man ihn?
Aufgrund ihres geringen Alkoholgehaltes und ihrer Süße sind Sloe Gins pur, on the Rocks, mit Tonic oder aber als Cocktail getrunken, das ideale Sommergetränk. Aber auch in den Wintermonaten werden die roten Schlehen-Gins, deren Rezeptur Zimt, Muskat oder Nelken beinhaltet, als winterlicher, teilweise als warmer Cocktail serviert. Sehr gut harmoniert der Schlehenlikör auch mit Wacholderbeeren, Rosmarin und Koriander.
Insbesondere für Aperitifs und Cocktails, die auf keiner Sommerparty fehlen sollten, ist der Sloe Gin die perfekte Basis. Um einen leckeren, spritzen Sloe Gin Fizz zu erhalten, bedarf es neben dem Gin nur etwas Zitronensaft und Soda. Für einen Sloe Gin Negroni wird der Gin mit einem bitteren Campari gemixt. Aber auch ein Sloe Gin Tonic ist sehr lecker. Hierbei ist aber ein Tonic Water zu wählen, dass zu den dominanten Schlehenaromen passt, beispielsweise Fever Tree Indian Tonic Water, Fentimans Tonic Water oder Thomas Henry Tonic Water.
Da grundsätzlich Sloe Gins mit Zitrusaromen sehr gut harmonieren, kann dieser Gin zum Kreieren vieler Cocktails, bei denen Orangen oder Zitronen auf der Zutatenliste stehen, verwendet werden. Einfach einmal experimentieren und ausprobieren. Na dann, zum Wohl!
Kurz: Sloe Gin ist ein Gin, dessen Geschichte im 17. Jahrhundert in England begann. Damals erhielten die Bauern aufgrund eines Erlasses staatliches Land, das sie mit Schlehenhecken einzäunten. Die Früchte, die Schlehenbeeren, wurden in Alkohol eingelegt, um sie nicht umkommen zu lassen. Der Sloe (Schlehen) Gin war geboren und gab ihm so auch seinen Namen. Auch heute noch werden die Schlehenbeeren in Dry- oder London Dry Gin mazeriert, gefiltert und nach Zugabe von maximal 100 Gramm pro Liter Flüssigkeit in Flaschen abgefüllt. Sloe Gin hat je nachdem, welche Gin-Art die Basis für die Mazeration bildete und welche Botanicals außer Schlehenbeeren verwendet wurden, einen individuellen Geschmack. Eines sind aber alle Sloe Gins, sie sind lecker und süß, aber mit einer leichten bitteren Note. Dieser rote Sloe Gin ist heute in den meisten renommierten Bars weltweit, aber auch in den privaten Bars in den eigenen vier Wänden zu finden. Er hat sich gegenüber seinen großen Brüdern durchgesetzt.